Das Privacy Magazine "prima" wird vom Berliner Datenschutzbeauftragten zusammengestellt und herausgegeben. Die regelmäßigen - an Wochentagen täglichen - Ausgaben enthalten eine Übersicht von datenschutzrelevanten Berichten der (von uns) ausgewählten Berliner und überregionalen (deutschen) Presse. |
Abkürzungen der ausgewerteten Tageszeitungen
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"Regelungswut bedroht die Info-Gesellschaft
... Neben der Anerkennung für die Schaffung geeigneter
Rahmenbedingungen muß sich die Politik jedoch auch kritische Fragen
nach der Nützlichkeit einiger gerade erst eingeführter Datenschutzregelungen
gefallen lassen. Zum Schutz personenbezogener Daten vor privaten Dritten
im Umfeld der Informationsgesellschaft haben Bund und Länder einen
barocken Regelungsmechanismus entwickelt, dessen wesentliche Antriebselemente
im Telekommunikationsgesetz, im Teledienste-Datenschutzgesetz,
im Mediendienste-Staatsvertrag und selbstverständlich im Bundesdatenschutzgesetz
verankert werden. Die Unterhaltung einer Kundendatei mit Wünschen
der Nutzer, mit denen individuelle Angebote gestaltet werden sollen, kann
höchst problematisch werden. Im günstigen Fall kann es passieren,
daß besorgte Behördenbeauftragte diese Karteien kontrollieren,
im ungünstigsten Fall droht dem Betreiber einer solchen Kartei eine
strafrechtliche Verfolgung. Dabei hat zum Beispiel die überwältigende
Mehrheit der deutschen Internet-Benutzer kein überzogenes Datenschutzbedürfnis:
Wie anders wäre das täglich millionenfache Aufsuchen ausländischer
Web-Seiten, die vom perfektionierten deutschen Datenschutz völlig
unberührt sind, zu beurteilen? Zwar beäugt der Staat die Informationsinteressen
der Privatwirtschaft mit Argusaugen - wenn es aber um eigene Recherchen
geht, erlaubt er sich umfassende Eingriffe in den personenbezogenen Datenschutz.
Teil 11 des Telekommunikationsgesetzes verpflichtet zum Beispiel Hunderttausende
- überwiegend mittelständische - Unternehmen, auf eigene Kosten
umfassende technische Einrichtungen zum 'Abruf' personenbezogener Daten
zu unterhalten. Erfaßt werden Unternehmen, die 'geschäftsmäßig'
Telekommunikation anbieten. Einbezogen sind auch Altersheime, Banken, Zeitungen,
Krankenhäuser - eigentlich jedes Unternehmen, das über ein leidlich
ausgebautes Telefonsystem verfügt. Ein Hotel, das für seine Gäste
eine Telefonanlage betreibt, muß demnach den Einbau geeigneter Abhöreinrichtungen
aus eigenen Mitteln finanzieren. ... Anders, als es linke Gesellschaftskritiker
tun, muß man dem Staat kein böswilliges Interesse am Aufbau
eines umfassenden Systems zur Ausforschung der eigenen Bürger unterstellen.
Auslöser für die überbordende Regelungs- und Kontrolldichte
scheinen Angst und Unsicherheit angesichts der neuen Kommunikationsformen
der Informationsgesellschaft zu sein. Historisch entwickelte sich der Datenschutz
als Abwehrrecht des Bürgers vor einem allmächtigen Staatswesen.
Die aktuelle Entwicklung in Deutschland stellt die Dinge auf den Kopf:
Perfektioniert wird der Datenschutz gegenüber privaten Anbietern,
gelockert wird der Datenschutz vor dem Staat - stets auf Kosten der Wirtschaft,
besonders des Mittelstandes. Der globale Wettbewerb wird das kostenträchtige
Festhalten am Leitbild des Bevormundungsstaates gnadenlos bestrafen. In
welcher Konstellation sich die Parteien nach der Bundestagswahl auch zu
einer Regierung zusammenfinden: Auf eine Umsteuerung beim Datenschutz wird
man nicht verzichten können." Gastkommentar von Jürgen Doeblin
Welt 16.9.98 S. 4
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"SPD will mehr Kontrolle für Verfassungsschutz
Ex-Innensenator für Reform ... Nach einem Leitlinien-Papier,
das die SPD-Fraktion am Dienstag zur Kenntnis nahm, soll das geheime Berichtswesen
auf das Notwendigste beschränkt werden. Der Einsatz nachrichtendienstlicher
Mittel sei 'nur in Ausnahmefällen' notwendig, heißt es in dem
Papier." Berl Ztg 16.9.98 S. 26
"Mißtrauensantrag bleibt
Grüne für V-Schutz ohne Stasi-Quellen" taz 16.9.98
S. 21
"Mißtrauensantrag gegen Schönbohm
SPD-Leitlinien zum Verfassungsschutz" Tsp 16.9.98 S. 11
"Stasi-Affäre beschäftigt Parlament
SPD: Unabhängige Experten sollen Verfassungsschutzreform
überwachen" Welt 16.9.98 S. 32
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"Stiftung Warentest warnt vor Sicherheitsrisiken
im Internet-Banking
Verbraucherschützer sehen Mängel bei vielen Geldinstituten/Erst
ab Oktober wird ein Sicherheitsstandard Pflicht ... Bei mehr als einem
Drittel der untersuchten deutschen Geldinstitute seien Internet-Kontenzugänge
nicht ausreichend gesichert, heißt es in der Oktober-Ausgabe der
Zeitschrift 'Finanztest'. Demnach liegt bei 62 von rund 150 Banken und
Sparkassen der 'elektronische Schlüssel' für den Kontozugang
unter den Empfehlungen des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik.
Laut Stiftung Warentest können Hacker die unzureichend verschlüsselten
Nachrichten entschlüsseln und manipulieren. 'Finanztest' mahnt zu
Vorsicht beim Internet-Banking, bis sich hier der Sicherheitsstandard HBCI
(Homebanking Computer Interface) durchgesetzt hat. ... Die 62 von 'Finanztest'
bemängelten Geldinstitute wählten den niedrigsten Grad der Verschlüsselung.
... Bankkunden können die Sicherheit der Internet-Zugänge im
Netz prüfen. (Adresse: www.stiftung-warentest.de)." BerlZtg 16.9.98
S. 36
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"Polizisten wählen neue Spitze
Norbert Spinrath fordert verdeckte Ermittler in Vorstandsetagen
... Der GdP-Bundeskongreß wählte am Dienstag in Bremen den 40
Jahre alten Hauptkommissar Norbert Spinrath zum neuen GdP-Vorsitzenden.
... Auch plädierte er dafür, im Kampf gegen Wirtschaftskriminalität
in den Vorstandsetagen der Konzerne verdeckte Ermittler einzusetzen. ...
Mit Blick auf den Großen Lauschangriff verlangte er, Ausnahmen für
bestimmte Berufgruppen zu streichen. Begleitend müsse auch Videoüberwachung
möglich sein." SZ 16.9.98 S. 6
"Neuer GdP-Vorstand: Spione gegen die Chefs" taz 16.9.98 S. 4
"Wechsel an der Spitze der Polizeigewerkschaft
SPD-Mann löst CDU-Chef Lutz ab ... Spinrath ... wolle versuchen,
die Debatte über innere Sicherheit 'am Kochen zu halten', aber auch
zu versachlichen. Der Bonner Lauschangriff-Kompromiß habe zu viele
Ausnahmen vorgesehen. Nötig seien auch Videoüberwachungen. Wenn
die Polizei alle Aufgaben erfüllen wolle, brauche sie eigentlich 20
000 bis 30 000 neue Beamte," Tsp 16.9.98 S.4
"Polizeigewerkschaft für verdeckte Ermittler in Vorstandsetagen" HB 16.9.98 S. 1
"Gewerkschaft der Polizei hat neuen Chef
Norbert Spinrath zum Nachfolger von Lutz gewählt"
BerlZtg 16.9.98 S. 5
"Der Kommissar ist gegen Schnellverfahren
... hat es Lutz in den letzten Jahren verstanden, der GdP in
gesellschaftlichen Debatten über Aufgaben und Grenzen polizeilichen
Handelns Gehör zu verschaffen. Das war so beim Lauschangriff, den
die Gewerkschaft um den Videoangriff ergänzt sehen will," Kommentar
BerlZtg 16.9.98 S. 1 + 2
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"Lügendetektor im Strafprozeß?
BGH verhandelt über polygraphische Gutachten ... In den
Ausgangsprozessen hatten die Landgerichte Kempten und Mannheim Anträge
der Verteidigung abgelehnt, polygraphische Gutachten zu berücksichtigen,
die mit Einwilligung des Angeklagten angefertigt worden waren. ... Der
Bundesgerichtshof hatte 1954 in der Verwertung eines Lügendetektortests
einen Verstoß gegen die Strafprozeßordnung gesehen, wonach
die Freiheit der Willensentschließung des Beschuldigten nicht beeinträchtigt
werden darf. Das Bundesverfassungsgericht wertete den Einsatz von Lügendetektoren
1981 als verfassungswidrigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht
des Betroffenen-auch dann, wenn der Betroffene einwilligt. In einem Beschluß
vom 15. Oktober 1997 hat das Bundesverfassungsgericht allerdings die Möglichkeit
offengelassen, polygraphische Gutachten im Strafverfahren zu verwerten.
Es könne dahingestellt bleiben, ob die bisherige Rechtsprechung 'insbesondere
unter Berücksichtigung der Fortentwicklung der Untersuchungstechnik',
der in der Literatur vorgetragenen Einwände und der neuen Rechtsprechung
auf anderen Rechtsgebieten weiter Bestand haben könne. Das ist ein
Hinweis auf Sorgerechtsprozesse, in denen polygraphische Gutachten bereits
verwertet werden. ... Am 7. September dieses Jahres hat erstmals ein Strafgericht,
das Amtsgericht Malchin in Mecklenburg-Vorpommern, einen Freispruch unter
anderem aufgrund eines Lügendetektortests verkündet, dem sich
der Angeklagte unterzogen hatte. ... Bei der Beurteilung der wissenschaftlichen
Zuverlässigkeit der Tests gingen allerdings die Meinungen auseinander.
Die Bundesanwaltschaft berief sich auf amerikanische Studien, denen zufolge
die Erfolgsquote bei 50 Prozent liege. Auch die Verteidigung räumte
auf Nachfrage des Gerichts ein, daß man sich unter Umständen
durch Schulungen auf diese Verfahren vorbereiten könne." FAZ
16.9.98 S. 12
"BGH vertagt Beschluß über Lügendetektor
Entscheidung frühestens nächste Woche/Psychologe:
Kinder können von der Methode profitieren" Tsp 16.9.98 S.2
"Mit einer Täuschung zur Wahrheit?
BGH will noch Experten zum Lügendetektor hören"
FR 16.9.98 S. 34
"Lügen haben manchmal Zickzack-Kurven
Eine Maschine steht vor Gericht: Der Bundesgerichtshof (BGH)
hat sich gestern mit der Frage beschäftigt, ob ein Lügendetektor
im deutschen Strafprozeß eingesetzt werden darf. Familienrichter
verwenden das Gerät bereits - in den USA ist es dagegen auf dem Rückzug."
HB 16.9.98 S. 4
" 'Rückkehr der Inquisition droht'
Bundesanwaltschaft will Lügendetektoren im Strafprozeß
verhindern. Nachdem mehrere Gerichte die Geräte bereits zuließen,
entscheidet jetzt das BGH" taz 16.9.98 S. 2
" 'Lügendetektor' auf Prüfstand des
BGH
Zuverlässigkeit der Tests bleibt umstritten" ND 16.9.98
S. 5
"Bundesrichter prüfen den Lügendetektor
Einsatz bisher in Strafverfahren nicht erlaubt-Zuverlässigkeit
umstritten-Grundsatzentscheidung vertagt" Welt 16.9.98 S. 2
"Richter sehen Lügendetektor weiterhin mit
Skepsis
Bundesgerichtshof verhandelt über Zulässigkeit von
Polygraphen in Strafverfahren/Urteil vertagt" Berl Ztg 16.9.98 S.
5
"Der Testperson ein schlechtes Gewissen machen
Wahrheit und Unwahrheit kann auch der Lügendetektor nicht
messen/Fragetechnik des Psychologen" FAZ 16.9.98
S. 12
"Richter durchleuchten Lügendetektor
BGH befaßt sich mit der Zulassung von Polygraphen im Strafprozeß"
SZ 16.9.98 S. 11
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"BND-Buch drohen Schwärzungen
Fünf Prominente Journalisten wollen gerichtliche Schritte
gegen das Buch des BND-Experten Schmidt-Eenboom erwirken
Böse Geheimdienste
Der frühere SPD-Minister von Bülow wirft BND und CIA
kriminelle Machenschaften vor" taz 16.9.98 S. 6
"Schwere Vorwürfe gegen den BND
Ex-Minister: Dienst arbeitet mit kriminellen Methoden"
BerlZtg S. 6
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